Verflixte Erwartungen

Der kanadische Regisseur Xavier Dolan, der schon nach seinem ersten Film als Wunderknabe gefeiert wurde, wird auch mit seinem zweiten Film „Herzensbrecher“ diesem Ruf gerecht. QWIEN hat seinen neuen Film schon gesehen. Mit sechzehn hat er seinen ersten Film geschrieben, mit neunzehn präsentierte er I Killed My Mother beim Filmfestival in Cannes. Er führte Regie, war sein eigener Produzent und spielte auch gleich noch die männliche Hauptrolle des von seiner Mutter total genervten, schwer pubertierenden schwulen Sohns. „Ein Meisterwerk – hier ist ein Wunderkind am Werk!“ jubelte ZEIT online und führte damit einen Chor applaudierender FilmkritikerInnen an. Nun haben sowohl die Film- als auch die Popgeschichte schon viele junge Genies kommen und auch wieder in der Versenkung verschwinden sehen. Dolan wird das nicht so schnell passieren, denn mit seinem zweiten Film schließt er nahtlos an den Erfolg seines Erstlings an. Herzensbrecher – der deutsche Verleihtitel legt es nahe – ist eine romantische Komödie, hat aber auch – und das legt der Originaltitel Les amours imaginaires (Eingebildete Lieben) nahe – Momente der Tragödie. Der von Regisseur Dolan selbst gespielte Francis, schwul, verträumt und sich nach einer Beziehung sehnend, und seine beste Freundin Marie, heterosexuelle, lebenslustig und nicht minder beziehungshungrig treffen auf den schönen Engel Nicolas, blondgelockt, charismatisch und von zweifelhafter sexueller Orientierung. Langsam beginnt zwischen Francis und Marie ein Wettkampf um die Gunst des begehrten Objekts – jede Geste von Nicolas wird für sie zum Beweis für seine Zuneigung. „Zwei Freunde verfallen der Illusion der Liebe und stellen sich alles Mögliche vor“, meinte Dolan zum an und für sich recht alltäglichen Plot seines Films in einem ARTE-Interview. Das Erfrischende an seiner Herz-Schmerz-Romanze ist aber, dass sich Dolan um filmische Erzählkonventionen nichts schert. Will er auf die Tränendrüse drücken, schaltet er auf Slow-Motion, färbt das Bild ein und spielt dazu eine gnadenlos kitschige Musik. Andererseits sind es die alltägliche Szenen, die bewegen, die kleine Gesten, die Dolan beobachtet und in denen man sich oft wieder erkennt. Um aber ja nicht zuviel Gefühlskino aufkommen zu lassen, schneidet er zwischen den Kampf der beiden liebenswerten Streithähne Interviewpassagen mit Männern und Frauen, die in dokumentarischem Stil von ihrem Begehren erzählen. Diese oft recht drastischen Geschichte, etwa von einer Stalkerin oder von einem sexuell verwirrten Macho-Angeber, lassen die Probleme von Marie und Francis, die sich in ihren Fantasien für den unbeschwerten Nicolas verstricken, eigentlich als harmlose Kinkerlitzchen erscheinen. Und trotzdem folgt man Marie und Francis gerne bis zur erwartbaren Katastrophe. Zu begehrenswert erscheint die Fantasie, so leicht nimmt Nicolas das Leben, zwischen Joints, Parties und unverbindlichen Begegnungen. Mit Herzensbrechern ist Xavier Dolan ein wunderbar leichter und witziger Liebesfilm gelungen, in dem es weniger um die Liebe selbst als um unser Vorstellungen von ihr geht. Man darf sich schon auf den dritten Film von Dolan freuen. Bis dahin ins Kino gehen oder Dolans ersten Film I Killed My Mother bei Löwenherz erstehen! Herzensbrecher läuft ab 9. 9. im Wien im Top Kino, Actor’s Studio und und den Village Cinemas, in Graz im Rechbauerkino Als Teaser der Trailer von Herzensbrecher

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