Chefredakteur Herbert Lackner widmete sich in der Titelgeschichte ausführlich den neuen „Skandal“-Enthüllungen über Oberst Alfred Redl und holt in diesem Zusammenhang auch die alte Geschichte mit dem ehemaligen Bundespräsidenten Theodor Körner aus der Lade. Fest davon überzeugt, dass ein aufrechter Hetero hier als Schwuler diffamiert wird, schreibt er:„In den 1980er-Jahren entdeckt ihn [Körner] die neue Schwulen- und Lesbenbewegung: Wie Oscar Wilde, Gordon Lord Byron, Jean Cocteau und Marlene Dietrich wird der ehemalige Bundespräsident zu einem prominenten Aushängeschild. 2005 prangt sein Konterfei sogar in einer entsprechenden Ausstellung.“ Da diese Darstellung nicht den Tatsachen entspricht und auch die Pointe Lackners in seiner Verteidigungsrede für Körner einfach falsch ist, sehen wir uns als Ausstellungsmacher zu einer Gegendarstellung veranlasst. Sehr geehrter Herr Lackner,
Sie irren! In der „entsprechenden Ausstellung“, die übrigens Geheimsache:Leben hieß, was Sie aber nicht recherchieren konnten oder wollten, denn es ist ja viel einfacher sich die Anderen mit rhetorischen Mitteln vom Leibe zu halten, haben wir mit KEINEM Wort davon gesprochen, dass Theodor Körner homosexuell gewesen ist. Wir zeigten vielmehr Bilder des Trauerkondukts nach Körners Ableben 1957 aus dem Magazin Wiener Bildwoche. Es wird recht deutlich auf Körners „treuen Kriegskamerad und Chauffeur Robert Semrad“ angespielt. Die Bildunterschriften zeigten nur, was Sie selbst in Ihrem Artikel beschrieben: „In der Bevölkerung gilt der Präsident als nicht praktizierender, weil zu betagter Schwuler“. Wir haben also nur dargestellt, was Sie in Ihrem Kommentar beschreiben. Dass eine aufgeregte Präsidentschaftskanzlei dies skandalös fand, ist nicht unser Verdienst. Wir zeigten nur, dass schon zu Lebzeiten Körners die Gerüchteküche kochte. Zudem zeigten wir ein Bild Theodor Körners bei einer Signierstunde in der Buchhandlung Herzog. Bis in die 1980er Jahre war der legendäre Buchhändler in der heutigen U2-Station Museumsquartier/Babenbergerstraße bekannt dafür, dass man unter dem Ladentisch schwule Literatur und Pornografie, die in Österreich verboten waren, bekam. Wir stellten aber auch hier keinen direkten Zusammenhang zwischen Körner und dem als homosexuell bekannten Buchhändler her, denn wir erzählten im Bildtext, dass etwa auch Hildegard Knef oder Gerard Departieu beim Bücher Herzog zu Gast waren. Es ist und war uns immer egal, ob Körner sich homosexuell betätigt hatte oder nicht. Es ging darum, wie er in den Medien dargestellt wurde, gerade in den 1950er Jahren, als die Verfolgungsintensität von Homosexuellen in Österreich nach einer kurzen Delle in der unmittelbaren Nachkriegszeit zahlenmäßig wieder Naziniveau erreichte. Sie irren auch in Ihrer Schlusspointe! Nach dem Brief an die Organisatoren haben wir natürlich KEIN Bild Körners abgehängt, nein vielmehr haben wir den alles sagenden Brief von Bundespräsident Fischer aufgehängt. Mit freundlichen Grüßen Hannes Sulzenbacher und Andreas Brunner vom KuratorInnen-Team der Ausstellung „Geheimsache:Leben“ heute Leiter von QWIEN – Zentrum für schwul/lesbische Kultur und Geschichte Chefredakteur Herbert Lackner reagierte auf unsere Richtigstellung allerdings uneinsichtig, sodass wir uns gezwungen sahen, ihm die Sache noch einmal zu erklären:
Sehr geehrter Herr Brunner
Materialien: Theodor Körner wurde in der Abteilung Stadt präsentiert, in der es um die Wahrnehmung und Sichtbarkeit von Homosexualität in Wien ging. Die Bildunterschrift in der Ausstellung Geheimsache:Leben lautete: „Begräbnis Theodor Körner Das Begräbnis des sozialdemokratischen Bundespräsidenten Theodor Körner fand im Jänner 1957 unter großer Anteilnahme der Bevölkerung statt. Der alte Soldat und Junggeselle war noch in seiner Amtszeit als Wiener Bürgermeister am Markt einkaufen gegangen, weil er für sich selbst kochte. Einer jungen Besucherin aus Dänemark hatte er einen Riss im Kleid genäht, denn er trug stets Nadel und Zwirn bei sich und wusste damit umzugehen.“ Alle Aufnahmen stammen aus der Wiener Bilderwoche vom 12. Jänner 1957. Die originale Bildunterschrift zum Bild rechts lautet: „Unmittelbar hinter dem Sargwagen folgt ein kleine Trauergruppe: die Anverwandten Theodor Körners und unter ihnen, als zur Familie zählend, Körner treuer Kriegskamerad und Chauffeur Robert Semrad.“