Als in New York lebender ORF-Korrespondent kannten Sie das Stonewall Inn bereits vor dem Aufstand des Juni 1969.
Ich glaube man muss was vorneweg sagen über das Stonewall Inn. Das Stonewall Inn ist nicht eine schwule Bar wie alle anderen im Village, sondern ist eine ganz besondere Bar mit einem ganz besonderen Konzept gewesen. Man konnte zum Beispiel im Stonewall Inn nicht einfach an die Bar gehen, einen Drink bestellen und nehmen, weil es war keine wirkliche Bar, sondern es war ein Club, – es war ein Bottle-Club, hat es geheißen. Also es hat keine Alkohol-Lizenz gegeben im Stonewall Inn, sondern am Eingang musste man unterschreiben mit dem Namen und ist damit ein Mitglied des Clubs geworden. Dann durfte man dort trinken. Aber diese Liste ist sehr oft mit einem Pseudonym unterschrieben worden.
Was hatte der Tod von Judy Garland damit zu tun?
Sie müssen sich denken, das Begräbnis von Judy Garland war zwölf Stunden vor dem Ausbruch des Aufstands. Also es war ein zeitlicher Zusammenhang da und die Atmosphäre war sehr aufgeladen. Jetzt kommt noch eines dazu, dass das Stonewall Inn noch ein anderes Charakteristikum gehabt hat, das ich vielleicht erwähnen sollte. Jede schwule Bar hat einen gewissen Charakter gehabt und das Stonewall Inn war bekannt für die Transvestiten, also hatte einen großen Anteil an Transvestiten. Jetzt muss man noch dazu sagen, dass Transvestit zu sein, in der Zeit, im Sinne der Polizei illegal war. Also wenn sich ein Mann wie eine Frau angezogen hat und in einer Bar angetroffen wurde, konnte er verhaftet und eingesperrt werden. Das heißt, die Transvestiten waren immer auf der Schneide, ob
sie jetzt verhaftet werden oder nicht, also sie waren das gefährdetste Element dabei.
In Österreich hat man ja 1969 davon nichts mitbekommen. Glauben Sie, dass der ORF einen Bericht über diese Stonewall Riots gesendet hätte?
Das glaube ich auf jeden Fall. Der Generalintendant Gerd Bacher war nicht scheu vor irgendwelchen Themen. Also wenn ich gesagt hätte, das find ich enorm, wir müssen das machen, hätte er bestimmt ja gesagt. Ich hätte ja auch gar nicht ihn fragen müssen, da hätten die Chefredakteure gesagt, ja, das machen wir. Ich bin überzeugt, wäre ich dort gewesen, hätte ich darüber berichten können. Und vor allem auch in dem Sinn, wie es sich abgespielt hat, auch mit meinem Background. Ich hätte dazu sagen können, ich weiß genau, was sich dort getan hat. Das ist natürlich ein Loch in der Berichterstattung gewesen, dass ich durch reinen Zufall auf Urlaub war und nicht grad dort war.
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