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Stonewall in Wien – die 1970er: Ali vom Savoy

Was war dein erstes Lokal?
Mein erstes Lokal war die Alte Lampe, von 1972 bis 1977, das war eine Glanzzeit für die Alte Lampe auch. Da ist Gott und die Welt aus und eingegangen. Wenn der Bernstein in Wien war, ist er ganz automatisch mit seiner Entourage zu mir gekommen. Er hat sich auch ans Klavier gesetzt und ein bisschen gespielt, das war schon eine Superzeit
Du hast ja auch die Verbotszeit erlebt?
Ja, man musste jederzeit damit rechnen, dass jemand reinkommt und jemanden verhaftet und rausholt. Das war zu der Zeit damals wirklich … – es ist immer auch auf den Polizeipräsidenten drauf angekommen, wer da gerade am Ruder gesessen ist, ob sich der interessiert hat für die Szene. Der Holaubek [Polizeipräsident von Wien], kann man ja sagen, war ein netter Typ, der hat sich da nicht verkrallt in dem Ganzen. Aber in Linz war der Eipeldauer Polizeipräsident und das war ein ganz scharfer Hund, auf die schwule Szene, der hat alles dran gesetzt, dass er die hinter Schloss und Riegel bekommt. Da bin sogar ich drangekommen und bin vierzehn Tage gesessen, weil ich nicht zugegeben hab, dass ich schwul bin. Sonst hätte man mich nur eine Woche behalten, so hat man mich vierzehn Tage behalten. In Wien war das viel lockerer, in Linz hat es ja nicht einmal ein Lokal gegeben, weil das ist sofort ausgehoben worden.
Wann bist du nach Wien gekommen?
1961. Und hier habe ich als Kellner gearbeitet in guten Häusern und bin halt nebenher öfters in die Alte Lampe gegangen. Es hat mir sehr gut gefallen dort, es war ein sehr nettes Publikum, aber es war
halt immer das Damoklesschwert, dass jemand kommen könnte. Und dort war natürlich alles unter dem Deckmantel der Verschwiegenheit, obwohl das in Künstlerkreisen offiziell wurscht war. Vom Nurejew oder so hat es ja jeder gewusst, aber da ist halt nicht drüber gesprochen worden. Der Adlmüller konnte sich mit seinem Freund in der höchsten Gesellschaft zeigen, da hat kein Mensch etwas drüber gesagt. Aber wenn eine Hausmeisterin zwei Burschen oder zwei Männer im Haus angezeigt hat, sind die gekommen und haben nachgeschaut im Bett, ob Flecken drinnen sind. Und die sind monatelang im Häf ’n gesessen dann.
Welche Lokale hat es zu dieser Zeit noch gegeben, außer der Alten Lampe?
Das Quick in der Rauhensteingasse war ein kleines Espresso und sehr bekannt, das Lurloch [später Nightshift] und sonst noch einige. Im Buchheim war ich nie drinnen, das war so ein bisschen anrüchig mit Strichern und so. Ins Central-Bad [heute Kaiserbründl] ist man gegangen, dort war’s auch sehr angenehm, da war man geduldet sozusagen. Aber eine Küsserei oder so hätt’ es dort nie gegeben, da wäre man sofort rausgeflogen.
Stichwort schwule Bälle. Woran kannst du dich erinnern?
Es hat ja nur die Bälle in der schwulen Szene gegeben, wie bei mir in der Lampe, die Hausbälle. Da sind sie mit der Kale-sche vorgefahren und die Damen mit den Krinolinen sind ausgestiegen, das war schon eine tolle Sache. Die Fenster sind alle aufgegangen und alle haben runtergeschaut, wie die hineingeschwebt sind. In der Lampe hab ich jede Woche einen Ball gehabt.
Und der Bal paré?
Die Lokale wollten das alle nachmachen, haben aber nicht die Räumlichkeiten gehabt. Und die Lampe war ja auch ziemlich klein. Da haben sich dann ein paar Leute zusammengetan und haben gesagt: „Wir mieten einen Saal und machen was Größeres“, aber erst nachdem sich herumgesprochen hatte, dass die Warmen doch nicht mehr so verfolgt werden und sich das Gesetz geändert hatte. 1974 hatte es sich ein bisschen beruhigt und ist sogar ein bisschen in Mode gekommen. Ab Mitte der 70er Jahre hat sich das dann sukzessiv entwickelt, in einem großen Lokal, dem Herz-Dame im achten Bezirk, da hat sich auch der erste Bal paré abgespielt. Danach ist man dann ins Parkhotel Schönbrunn.
In der Naschmarktgegend hat es sich ja immer gesammelt.
Jaja, da waren ja alle diese Wirtshäuser hier. Nachdem die Lokale zugesperrt haben in der Nacht, ist man eben noch in diese Lokale gegangen. Wenn man geschickt war, hat man überall wen erwischen können.

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