Die „Super-Skandinavierin*“ Denice Bourbon – könig*innenliche Femme-Ikone der queeren Wiener Szene – hat beim Zaglossus-Verlag ihre Autobiographie herausgebracht und zeigt, was es heißt, das Leben in vollen Zügen auszukosten.
Vor kurzem hat sie* ihre Autobiographie „Cheers. Stories of a Fabulous Queer Femme in Action“ veröffentlicht. Dass Denice „Boobie“ Bourbon eine queere Queen ist, realisiert jede Person innerhalb von Sekunden, die Denice (auch nur kurz) trifft. Denice Bourbon macht Musik (dzt. „Me and Jane Doe“), Performances, agiert als DJ, schreibt für an.schläge die Kolumne „lesbennest“ und für fiber – werkstoff für feminismus und popkultur – also zumindest von den letzten beiden Zeitschriften solltet ihr sie* kennen! Ich glaube ja, Denice und ich sind irgendwie seelenverwandt. Wir kennen uns mehr über Facebook, sind uns aber auch im wahren Leben schon öfter begegnet und haben uns gegenseitig mit Komplimenten umschmeichelt. Und zumindest sollten wir uns auf einen Kaffee treffen, nicht nur um das Buch signieren zu lassen.
Nein, Denice ist nicht „alt“, sie* hat mit 37 ihre* Autobiographie veröffentlicht. Aber das ist gut so. Wäre sie* älter, wäre das Buch zwar genauso unterhaltsam, aber wahrscheinlich ein ordentlicher Wälzer. Und die bisherigen Lebensjahre sind vorerst genug. In diesen 37 Jahren hat sie* schon viel erlebt und das will erzählt werden. Ich liebe die Sprache und den Ton, in dem dieses Buch geschrieben ist. Ich muss zugeben: ich bin kein Fan von Autobiographien. (Und das obwohl ich mir als Jugendliche überlegt habe, vielleicht nicht mal selbst eine zu schreiben. What´s that all about?) Boobies Buch hingegen – Denice will sich mit dem Namen „Boobie“ etablieren; vielleicht hilft diese Rezension dabei – ist spannend wie ein historischer Roman, die ich liebend gerne verschlinge sofern sie historisch profund aufgearbeitet sind. Mit viel Witz, wunderbarer Alltagssprache und ´ner kräftigen Prise Schimpfwörtern, mal british-english, mal american-english: es macht einfach Spaß darin zu lesen. (Boobie ist in Schweden aufgewachsen und schreibt lieber auf englisch.) Das Buch liest sich wunderbar in Zug, Straßenbahn, vor dem Schlafen-Gehen oder beim Kaffee zwischendurch. Und dass das Buch quasi eine Sammlung von Kurzgeschichten ist, die zwar aufeinander aufbauen, aber auch unabhängig voneinander zu lesen sind, finde ich sehr reizvoll. Die schmutzige Neugierdsnase in mir wollte nämlich nicht so viel über die Musik wissen, sondern über die Szene, die Affären, die Sehnsüchte und Ängste. Ja, solche hat Boobie auch.
Das zu lesen beruhigt irgendwie. Es zeigt, dass es trotz dieser (Selbst-)Zweifel möglich ist, fabulous und erfolgreich zu sein. Ich meine: eine Autobiographie mit 37 ! Eine eigene Kolumne ! Und was ich besonders beeindruckend finde, ist diese selbstbewusste, nicht-überhebliche Art dazu zu stehen, dass sie* gerne im Mittelpunkt ist, dass sie* die Aufmerksamkeit liebt. Die wenigsten gestehen sich das zu. Und das, obwohl sie* sich selbst als schüchtern bezeichnet – privat.
Das Buch und Denice Boobie Bourbon sind voller Ambivalenzen: sie* schreibt viel über Sex und ist gleichsam zurückhaltend wenn´s um´s über-Sex-reden oder beim-Sex-drüber-reden geht; sie* blättert andere auf, aber auch sich selbst; sie* liebt das Stadtleben, fröhnt dem Alkohol und – so glaube ich – einer gehörigen Portion königlichen Luxus´ wenn es um Stil und Ästhetik geht, gleichsam ist sie* politisch und würde höchstens Kunstpelz tragen; sie* erzählt von ihrer* Hetero-Vergangenheit, vom es nicht-schon-als-Kind-gewusst-haben und von viiiielen queeren Affairen. „Cheers. Stories of a Fabulous Queer Femme in Action“ ist nicht nur eine Autobiographie, es ist auch eine Szene-Buch des queeren Wiener Lebens, es ist ein Buch über Musik, Punk und Popkultur, vielleicht ist es auch exemplarisch für den städtischen Queer-Feminismus. Cheers auf dieses tolle Buch, Boobie!