Die deutsche Soziologin Claudia Krell hat eine Studie über Homosexuelle im Alter geschrieben, die sich mit dem Thema auf differenzierte Weise auseinandersetzt.
Die wissenschaftlich-soziologische Arbeit von Claudia Kreil hat das Potential, im deutschsprachigen Raum Maßstäbe für die wissenschaftliche Beschäftigung mit Altern und Altern bei sexuellen Minderheiten zu werden. Mit wünschenswerter Distanz und der Abwesenheit jeglicher professioneller Deformation und Voreingenommenheit, die nicht nur der fehlenden spezifischen Betroffenheit der Autorin zuzuschreiben ist (vgl. S. 123), wird an der Materie Interessierten sowohl der existierende theoretisch-konzeptionelle Diskurs als auch ein Beispiel differenzierter und ergebnisoffener qualitativer Sozialforschung präsentiert.
Inhaltlich gliedert sich die Studie wie folgt: 1) Die Verschränkung von Alter(n) und Homosexualität, S. 9; 2) Alter(n) und Homosexualität aus soziologischer Perspektive, S. 12; 3) Alter(n) bei Lesben und Schwulen als Forschungsgegenstand, S. 66; 4) Identitäten und Altersbilder von Lesben und Schwulen, S. 87; 5) Methodisches Vorgehen, S. 96; 6) Lesbische und Schwule Identitäten, S. 129; 7) Altersbilder von Lesben und Schwulen, S.232; 8) Typen homosexuellen Alter(n)s, S. 367; 9) Zusammenfassung und Ausblick, S. 400. Ergänzt wird die Studie durch einen reichhaltigen bibliographischen Apparat, S. 406-428.
Der empirische Teil (Kapitel 6 und 7) beruht auf 53 persönlich geführten qualitativen Interviews mit über Anzeigen und Aufrufe zur Teilnahme gewonnenen Menschen vor allem aus dem Großraum München und aus Süddeutschland (Bundesländer Baden-Württemburg und Bayern) zwischen April und Juni 2004 und zwischen Juli 2005 und Januar 2006 (S. 116f.).
Claudia Kreil verzichtet – aus Sicht des Rezensenten: dankenswerterweise – auf jede scheinbar wissenschaftliche Prämisse, wie homosexuelle bzw. schwule und lesbische Lebensführung und damit auch Altern auszusehen habe. Werke mit wissenschaftlichem Anspruch die aus der und für die“Community“ verfaßt werden, leiden allzuoft daran, sexuelle Orientierungen und Identitäten als Zeichen wünschenswerter Vielfalt vorauszusetzen, implizit oder sogar ausdrücklich aber normierende Wertungen vornehmen und Vielfalt von Lebensentwürfen diesen unterwerfen. „Erfolgreich“ anzusehende Identitäts- und Lebens-Konzepte, mit dem Alterungsprozeß (weitgehend) gelingend umzugehen, lassen sich zwar wissenschaftlich kategorisieren (S. 367f.), aber die Strategien und deren Umsetzung bei beispielsweise bei „erfolgreich alternden ’normalen‘ Schwulen“ (S. 387ff.) können sich durchaus unterschiedlich gestalten.
Claudia Kreil: Alter und Altern bei Homosexuellen, Weinheim und Basel: Beltz Juventa 2014