
Tätigkeitsbericht 2018
Im Jahr 2019 hielten uns die Aktivitäten für Europride ziemlich in Atem, weshalb unser Tätigkeitsbericht für 2018 mit einiger Verspätung erscheint. Hier die Bilanz.
Als Archiv und Bibliothek, die öffentlich zugänglich sind, betreut QWIEN regelmäßig Benutzer*innen, die für ihre Forschungsprojekte auf Materialien unserer Bestände zurückgreifen. Thematisch liegen die Schwerpunkte dabei auf der Verfolgung vom Männern* und Frauen* in der NS-Zeit, der jüngeren LGTBIQ-Bewegung und der Geschichte von HIV und Aids. Forschungsarbeiten erfolgen auch immer wieder in Zusammenarbeit mit Lehrveranstaltungen der Universität Wien. Im SS 2018 etwa für die Lehrveranstaltung des Instituts für Geschichte Geschlechterverhältnisse und Sexualitäten in Österreich im 20. und 21. Jahrhundert (Leitung MMag. Dr. Andrea Braidt, MMMag. Dr. Christopher Treiblmayr und Dipl.-Ing. Christian Wagner).

Foto: Nikola Krumpholz
QWIEN bot auch die Möglichkeit für Forschungspraktika, die in manchen Studienplänen gefordert werden und unterstützte Schüler*innen bei vorwissenschaftlichen Arbeiten. QWIEN beschäftigte 2018/19 zwei Mitarbeiter*innen im Rahmen von Diversionsmaßnahmen in Zusammenarbeit mit Neustart.
Eines der zentralen Projekte 2018 stellte die Erstellung der historischen Grundlagen für die Planung eines Mahnmals für die homosexuellen NS-Opfer in Wien durch KÖR – Kunst im öffentlichen Raum GmbH, in Zusammenarbeit mit der MA 7 und der Wiener Antidiskriminierungsstelle für gleichgeschlechtliche und transgender Lebensweisen (WASt) dar. Das Zentrum QWIEN erstellte auf Basis langjähriger Forschungsarbeiten den für die Ausschreibung des Wettbewerbs geforderten historischen Bericht.
Die Durchführung eigener Forschungsprojekte zur Geschichte von LGBTIQ in Wien, Vortragstätigkeit, Publikation von Zeitschriftenartikeln und eine verstärkte internationale Vernetzung stellten weitere wichtige Punkte unserer Arbeit. So beteiligte sich QWIEN an einer von der deutschen Bundesstiftung Magnus Hirschfeld unterstützten Projektgruppe für eine Meta-Suchmaschine für queere Archive im deutschsprachigen Raum. QWIEN ist als einziges österreichisches Archiv Teil von Queer Search, für das die Planungssitzungen auch 2018 und 2019 in Berlin stattfanden. Im Jänner 2020 wird das Arbeitstreffen in Wien stattfinden.
Im Herbst 2018 wurde QWIEN-Co-Leiter Andreas Brunner zum österreichischen Botschafter der Ende Juni 2019 in Berlin stattfindenden internationalen ALMS Conference – Queering Memory ernannt.
Im November 2018 wurde das Haus der Geschichte Österreich – hdgö eröffnet. QWIEN unterstützte das Kurator*innen-Team bei Recherchen zur Geschichte der Homosexualität in Österreich und stellte auch Leihgaben für die aktuelle Ausstellung zur Verfügung.

Susanne Wosnitzka mit dem Konzertplakat, Foto: Wosnitzka
Für eine Veranstaltung anlässlich des IDAHOT Days am 17. 5. 2018 (International Day Against Homo- and Transphobia) intensivierte QWIEN die Zusammenarbeit mit der Universität für Musik und darstellende Kunst – mdw. Für eine Festaufführung von Werken der vergessenen Schönberg-Schülerin Vilma (von) Webenau im Schlosstheater Schönbrunn kümmerte sich QWIEN um die historische Recherche und plante das Rahmenprogramm mit einem Vortrag der deutschen Musikwissenschaftlerin Susanne Wosnitzka zu Leben und Werk von Webenau.
Um queere historische Themen einem breiten Publikum näher zu bringen, begann QWIEN eine Zusammenarbeit mit dem Online-Forum der Tageszeitung DER STANDARD. In unregelmäßigen Abständen publiziert QWIEN in einem queere Geschichte Blog Beiträge, die aktuelle Fragen wie etwa zu HIV/Aids oder zur Kommerzialisierung der Regenbogen Parade in einen historischen Kontext stellen oder queere historische Persönlichkeiten porträtieren (z.B. Webenau oder Iffland): https://www.derstandard.at/diskurs/userblogs/ub-queere-geschichte
Der 5. Queer History Day fand am 8. Juni 2018 in Kooperation mit dem Institut für Geschichte der Universität Wien (Univ. Prof. Dr. Wolfgang Schmale) in der Sky Lounge der Universität Wien statt. Die Vorträge widmeten sich zum 100-Jahr-Jubiläum der Republik den Wegmarken 1918 – 1938 – 1968. Zu den Vortragenden zählten:
- Mag. Andreas Brunner (Wien): Vergebliche Versuche. Gescheiterte Bemühungen einer Entkriminalisierung von Homosexualität in der Ersten Republik
- Drin Corinna Tomberger (Berlin): Historisches Erbe, politischer Antrieb: Die Schwulen- und Lesbenbewegung und die nationalsozialistische Homosexuellenverfolgung
- Univ. Prof. Dr.in Ingrid Bauer (Wien/Salzburg): Die Sexuelle Revolution, „1968“ und die Anfänge der Lesben- und Schwulenbewegung
Vom 2. bis 4. November 2018 richtete QWIEN die alljährlich in einer anderen Stadt stattfindende Jahres-Tagung des Fachverbands Homosexualität und Geschichte (FHG) aus, an der mehr als fünfzig Historiker*innen aus dem deutschsprachigen Raum teilnahmen. Neben Vorträgen zu queeren historischen Themen wie die Historisierung von HIV/Aids oder die Verfolgung lesbischer Frauen in der NS-Zeit wurde auch ein aktuelles Forschungsprojekt von QWIEN vorgestellt. Andreas Brunner ist außerdem Redaktionsmitglied des FHG-Jahrbuches Invertito, das seit bald zwanzig Jahren jährlich Ergebnisse der queeren historischen Forschung im Peer-Review-Verfahren publiziert.
Forschungsprojekt

Junger Araber, Foto: Wikipedia
Im Jahr 2017/18 erarbeitete QWIEN unter der Projektleitung von MMMag. Dr. Christopher Treiblmayr (Institut für Geschichte der Universität Wien) und unter Mitarbeit der QWIEN-Vorstände Virginia Hagn, BA, und Mag. Hannes Sulzenbacher das Forschungsdesign für ein Projekt zur Wahrnehmung der Figur des „orientalischen Mannes“ im deutschsprachigen Raum zwischen 1840 und heute: Von Homoerotik zu Homophobie. Zur Dekonstruktion stereotyper Sexualitäts- und Männlichkeitsbilder des „Orients“ in Deutschland und Österreich (1850-2016). Der Antrag um Unterstützung beim Jubiläumsfonds der Österreichischen Nationalbank war im ersten Anlauf erfolgreich, sodass QWIEN für dieses Forschungsprojekt eine Finanzierung für zwei Jahre zugesprochen wurde. 2018 begannen die Planungen für den Start dieses mit dem Datenbankprogramm MAXQDA durchgeführten Projekts im Frühsommer 2019.
Publikationen
– Beitrag für die vom Magazin Vangardist in Zusammenarbeit mit der KZ-Gedenkstätte Mauthausen veröffentlichte Ausgabe eines Magazins mit dem Titel The Pink Triangle Issue zur Homosexuellenverfolgung in der NS-Zeit; Teilnahme an den Dreharbeiten für ein Video im KZ Mauthausen. https://pinktriangleissue.com/de.html
– Andreas Brunner, Der Dichter, sein Koch und sein Liebhaber. In: Helmut Neundlinger (Hg.), Thanksgiving für ein Habitat. W. H. Auden in Kirchstetten. St. Pölten: Literaturedition Niederösterreich 2018, S. 205-227, erhältlich bei Löwenherz
– Andreas Brunner, Gruppenbild mit Kindern. In: Markus Kristian, Sylvia Mattl-Wurm, Gerhard Murauer (Hg.), Adolf Loos. Schriften, Briefe, Dokumente aus der Wienbibliothek im Rathaus. Wien: Metroverlag 2018, S. 282-293.
– Andreas Brunner, Leopold Andrians Beitrag zur „Geschichte der eigenen Geschichte“. In: Florian Mildenberger (Hg.), Unter Männern. Freundschaftsgabe für Marita Keilson-Lauritz. Hamburg: Männerscharm 2018, S. 161-170. (=Bibliothek rosa Winkel, Sonderreihe: Wissenschaft, Bd. 7), erhältlich bei Löwenherz
Österreichische Liga für Menschenrechte
Bereits 2017 erfolgte die Übernahme des historischen Archivs der Österreichischen Liga für Menschenrechte als Dauerleihgabe durch QWIEN. Gefördert aus Mitteln des Nationalfonds der Republik Österreich und des Zukunftsfonds der Republik Österreich begann 2018 die Neuaufstellung und archivalische Aufarbeitung des Archivs, das ab 2020 der Wissenschaft zugänglich sein soll. Mithilfe des von QWIEN verwendeten Archivprogramms FAUST 7 wurde das Nachkriegsarchiv der Liga bis in die 1980er-Jahre erfasst, verschlagwortet und bezüglich bedeutender Vorgänge und Persönlichkeiten indexiert.

Keith Haring Führung, Foto: Albertina
Führungen und kleinere Projekte:
- Die Regenbogenführungen an der Universität Wien gehen in ihr 10. Jahr
- Specialführungen zur Geschichte von HIV/Aids in Österreich im Rahmen der Ausstellung Keith Haring – The Alphabet in der Albertina
- Führungen für Journalist*innen im Auftrag des Wientourismus
- Führungen für Gruppen, Reiseveranstalter und Privatpersonen
- Teilnahme an einer Exkursion der FH für soziale Arbeit St. Gallen und FH St. Pölten zu Fragen der Entwicklung der queeren Community in Wien, insbesondere der Regenbogen Parade
Erweiterung von Bibliothek und Sammlung zur Geschichte von LGBTIQ in Wien:
Durch Leihgaben, Schenkungen und die Übernahme von Nachlässen wachsen die Buchbestände der QWIEN Bibliothek, die in unserem Inventarprogramm FAUST 7 laufend erfasst werden. Für 2018 wurde die Erfassung der Bücherbestände aus dem Nachlass von Gudrun Hauer sowie die Vorerfassung des Vorlasses von Hermes Phettberg abgeschlossen. Übernahme von Teilen des künstlerischen Nachlasses von Wolfgang Reder. Darüber hinaus Erfassung zahlreicher kleinerer Schenkungsbestände.
QWIEN wird gefördert von:
Der Queer History Day wurde gefördert von: