Heute ist uns dieses Buch von Dr. med. Iwan Bloch aus dem Jahr 1908 in die Hände gefallen: Das Sexualleben unserer Zeit in seinen Beziehungen zur modernen Kultur.
Der Mediziner und Sexualwissenschaftler Iwan Bloch (1872 – 1922), der als „Vater der Sexualwissenschaft“ gilt, widmet sich in diesem mehr als 800 Seiten langen Werk zahlreichen Fragen rund um Sexualität. Dabei thematisiert er unter anderem auch Homosexualität und das, was wir heute als Transidentität einordnen können.
Das Kapitel „Das Rätsel der Homosexualität“ beginnt Bloch mit einem Zitat seines Kollegen Magnus Hirschfeld (1868 – 1935): „Durch die Wissenschaft zur Gerechtigkeit!“. Bloch betont, dass die Mehrheit der homosexuellen Menschen – wider der gängigen psychiatrischen Einschätzung der damaligen Zeit – „durchaus gesund, hereditär nicht belastet, körperlich und psychisch normal ist“ (Bloch, 1908, S. 542). Im darauffolgenden Kapitel sind Texte gedruckt von zwei Personen, die sich in unserem heutigen Sprachgebrauch womöglich als transfeminin identifizieren würden (ebd., S. 597-601). Damit ist dieses Buch ein frühe Informationsquelle über queere Identitäten in der deutschsprachigen Literatur.
Für historische Forschungsarbeiten zu Sexualwissenschaft ist Das Sexualleben unserer Zeit also sicherlich ein interessantes Werk, wenn auch die Begrifflichkeiten der damaligen Zeit heute teils überholt und – ebenso wie Blochs und Hirschfelds Ansätze zu Eugenik – nicht unkritisch zu verstehen sind.
Quellenverweis:
Bloch, I. (1908). Das Sexualleben unserer Zeit : in seinen Beziehungen zur modernen Kultur.