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Neue Geschichte der queeren Community

In „LGBTIQ* Communities. Lebenswelten und Diskurse seit 1970“ bietet Lukas Spenlingwimmer einen Überblick zu LGTIQ* Gemeinschaften seit den 1970er Jahren und ihre Entwicklung bis heute. Dabei bezieht er sich vor allem auf den österreichischen Raum. Eine Lektüreempfehlung von Tara Prochaska

Obwohl ein klarer Fokus auf LGBTIQ* Erfahrungen liegt, werden diese in Anbetracht ihres historischen, sozialen und politischen Kontexts analysiert. Durch umfangreiche Diskursanalysen wird eine große Bandbreite an Faktoren, welche LGBTIQ* Lebensrealitäten beeinflussten, beleuchtet. Die historischen Prozesse hinter sich konstant wandelnden gesellschaftlichen Haltungen gegenüber Homosexualität sowie trans* und inter* Personen sind hierfür maßgebend und werden im ersten Kapitel des Buches diskutiert.
Im darauffolgenden Kapitel setzt sich Spenlingwimmer mit gesetzlichen Umständen auseinander. Von der Verfolgung homosexueller Menschen im Nationalsozialismus bis zur Anerkennung dieser als NS Opfer und bis zur Strafrechtsreform 1971, welche Homosexualität unter Erwachsenen entkriminalisierte, werden rechtliche Rahmenbedingungen erläutert.

Neue diskriminierende Gesetze und weitere Hindernisse in der österreichischen Gesellschaft nach 1971 erschwerte die Bildung neuer LGBTIQ* Vereine zunächst. Dennoch war die im internationalen Vergleich etwas verspätete Bildung dieser Gruppierungen relevant und prägend für noch heute bestehende Organisationen. Im dritten Kapitel steht die Entstehung und Entwicklung dieser im Vordergrund, es beschäftigt sich sowohl mit den allerersten LGBTIQ* Vereinen als auch jüngeren Gründungen, um die vielen Facetten der Bewegung zu veranschaulichen. An Seiten von Organisationen wie der Homosexuellen Initiativen Österreichs (HOSIs), der Rosa Lila Villa (heute Türkis Rosa Lila Villa) oder dem Rechtskomitee Lambda widmet sich auch ein Unterkapitel QWIEN. Zudem werden erkämpfte Gesetzesänderungen wie die eingetragene Partnerschaft und die „Ehe für alle“ behandelt.
Ähnlich zum ersten Teil des Buches setzt sich das vierte Kapitel mit grundlegenden Veränderungen und Diskursen auseinander, welche eine Entwicklung zu einer diversitätsakzeptierenden Gesellschaft beeinflussten. Eine zentrale Frage hierbei ist, inwiefern nicht-heteronormative Lebensformen tatsächlich als akzeptiert bezeichnet werden können.

Abschließend rücken individuelle LGBTIQ* Erfahrungen in den Vordergrund. Spenlingwimmer erkennt die Problematik einer quantitativen Arbeit ihn Bezug auf seinen Arbeitsbereich an und setzt auf qualitative Forschung in Form von Erfahrungsberichten. Fragestellungen wie das Coming Out oder Geschlechtsidentitäten werden mithilfe von Aussagen verschiedener LGBTIQ* Personen diskutiert. Der Arbeit wird dadurch eine realitätsnahe Dimension verliehen, welche Alltagserfahrungen und Herausforderungen hervorhebt. Durch das Zusammenspiel eines breiten Quellenkorpus‘ mit individuellen Erfahrungen beschreibt Spenlingwimmer die vielfältige Geschichte der LGBTIQ*Communities. Außerdem erläutert Spenlingwimmer zu Beginn der Arbeit die zentralen Begriffe der Thematik und trägt damit zur Verständlichkeit seiner Forschung unabhängig vom Wissensstand des*der Leser*in bei. Dadurch eignet sich das Buch als exzellente Einführung und Überblickswerk für queere Bewegungen und Erfahrungen im deutschsprachigen Raum.“

Lukas Spenlingwimmer: LGBTIQ* Communities. Lebenswelten und Diskurse seit 1970. Berlin u.a.: Peter Lang 2024

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