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Mit Andreas Brunner auf den Spuren queerer Menschen im Mariahilf der NS-Zeit

Kuratorenführung mit Andreas Brunner

Im Rahmen der Kuratorenführung mit Andreas Brunner erhalten die Besucher*innen nicht nur spannende Einblicke in die Geschichte der queeren Szene in Mariahilf, sondern auch in die persönlichen Schicksale von Menschen, die während der NS-Zeit verfolgt wurden. Brunner führt an historische Orte im Bezirk, die einst Treffpunkte für homosexuelle Männer und Frauen waren, und vermittelt dabei einen tiefgehenden Blick auf die damaligen Lebensrealitäten. Darüber hinaus spricht er über die Herausforderungen, die bei der Recherche dieser Geschichten auftraten, insbesondere in Bezug auf die begrenzte und teils fragmentierte Quellenlage. Die Führung bietet somit eine einzigartige Gelegenheit, nicht nur die historischen Fakten, sondern auch die Methodik und die Schwierigkeiten der historischen Aufarbeitung queerer Geschichte zu verstehen.

Wann? 23. Februar 2025, 11:30

Wo? Bezirksmuseum Mariahilf, Mollardgasse 8, 1060 Wien



Im Esterhazybad fanden zahlreiche Verhaftungen von Männern aufgrund homosexueller Handlungen statt.
August Stauda, 6., Gumpendorfer Straße 59 – Esterhazybad, um 1900 (Ausschnitt), Wien Museum

Ausstellung

Das Bezirksmuseum Mariahilf widmet sich in seiner Ausstellung der Verfolgung homosexueller Menschen während der NS-Zeit. Erstmals werden die Schicksale von Homosexuellen aus dem sechsten Bezirk detailliert dargestellt und somit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich gemacht. Die Ausstellung „Als homosexuell verfolgt – Mariahilf in der NS-Zeit“, kuratiert von Andreas Brunner vom Zentrum QWIEN, gibt diesen oft vergessenen Geschichten Raum.

Die Ausstellung gewährt uns wertvolle Einblicke in historische Schicksale queerer Personen, wie das von Josef Weisseneder, der im Zuge von Ermittlungen gegen einen weitverzweigten schwulen Freundeskreis von der Gestapo verhaftet wurde. Weisseneder, der in seiner Wohnung keine Liebhaber und Freunde empfangen wollte, um nicht von Nachbar*innen als Homosexueller verdächtigt zu werden, sondern diese lieber an öffentlichen Orten wie der hintersten Reihe im Kino traf, verbrachte seine Haftzeit zunächst im KZ Dachau und später im KZ Mauthausen, wo er wie durch ein Wunder die Zwangsarbeit überlebte. 1945 wurde er von der US-Armee befreit.

Ein anderes Beispiel ist der 65-jährige Hofrat Johann Friedrich Allgäuer, der zusammen mit seinem 20-jährigen Liebhaber von der Gestapo denunziert und in der Wohnung Allgäuers in der Theobaldgasse verhaftet wurde. Der junge Mann tauchte später auf einer Liste von Zwangsarbeitern auf, danach verliert sich seine Spur. Allgäuer selbst wurde ins KZ Sachsenhausen deportiert, wo er 1941 ermordet wurde. Die genauen Umstände seines Todes bleiben unklar.

Ausstellungsansicht, Foto: Klaus Pichler, 2024

Die Ausstellung thematisiert auch das Esterhazybad in der Gumpendorferstraße, einen beliebten Treffpunkt für schwule Männer, der von der Kriminalpolizei regelmäßig überwacht wurde. Kriminalinspektor Karl Seiringer saß eine Zeit lang wöchentlich in die Dampfkammer des Bades, um die Männer zu beobachten. An keinem Ort in Wien wurden während der NS-Zeit mehr homosexuelle Männer festgenommen als dort.

Es wird aber auch klar: Nicht nur schwule Männer wurden in der NS-Zeit verhaftet und verfolgt. So stellt die Ausstellung auch das Schicksal zweier Frauen vor, denen ihr Aufenthalt in einem Hotel auf der Mariahilferstraße zum Verhängnis wurde. Sie wurden auch der Prostitution verdächtigt, was die Zusammenwirkung der von den Nazis verfolgte Abweichungen von staats- und ideologiekonformen Sexualitätspraktiken und Identitäten verdeutlicht.

Wann? bis zum 30.06.2025 Wo? Bezirksmuseum Mariahilf, Mollardgasse 8, 1060 Wien

Text Andreas Brunner und Eddie van Gemmern

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