Ein unscheinbares, braunes Heft, etwas größer als A4 ist unser Objekt des Monats Februar. Es trägt den Titel: „AIDS – Heutiger Wissenstand“ und den Untertitel „Informationsbroschüre für sehbehinderte Menschen“. Neben den Angaben zum Herausgeber sind es die einzigen Angaben, die wir lesen können. Die restlichen 40 Seiten sind in Brailleschrift verfasst, einem vom Franzosen Louis Braille im frühen 19. Jahrhundert entwickelten Schriftsystem für Blinde und stark Sehbehinderte. Aus einer Kombination von sechs Punkten, die in zwei Dreiergruppen parallel angeordnet sind, ergibt sich das Alphabet. Von hinten werden die einzelnen Buchstaben in Punktform ins Papier gedrückt, sodass sie auf der Vorderseite erhaben fühlbar werden.
Das Informationsheft, das auch Blinden und Sehbehinderten Informationen über HIV und Aids barrierefrei zugänglich machen sollte, wurde von den AIDS-Hilfe Marburg herausgegeben. Es handelt sich bereits um die 2. Auflage, denn Informationsmaterial über Aids bedurfte regelmäßiger Updates, weil sich das Wissen über HIV-Infektionen laufend veränderte. Im Jahr 1991, dem Erscheinungsjahr der Broschüre, steuerte die Aids-Krise auf ihren Höhepunkt zu: Jährlich steigende Infektionszahlen, Medikamente, die den Krankheitsverlauf verlangsamen aber nicht wirklich aufhalten konnten, und steigende Zahlen an Menschen, die an Aids verstarben. Besonders in der schwulen Community war Aids ein Thema, dem man nicht entgehen konnte. Umso wichtiger war Aufklärungsarbeit über mögliche Infektionswege, über Safer Sex Regeln und auch die sozialen Folgen von HIV und Aids.
Das Informationsheft in Brailleschrift, kam über die Aids Hilfe Wien in den Bestand von QWIEN. Vor einigen Jahren hatte QWIEN das Archiv der Wiener Aids- Hilfe übernommen. Heute da Aids durch die Möglichkeiten der Behandlung mehr und mehr zu einer chronischen Erkrankung wird, die mit Medikamenten gut im Zaum zu halten ist, setzt auch eine Historisierung von Aids ein und es ist auch die Aufgabe eines queeren Archivs diesen Teil unserer Geschichte zu sammeln, zu bewahren und schlussendlich der Forschung zur Verfügung zu stellen. Daher nehmen wir neben den institutionellen Sammlungen auch gerne persönliche Dokumente und Erinnerung an Aids in die Sammlung von QWIEN auf. Wir freuen uns über jede entsprechende Spende.