💬Queere Lagergeschichte(n) – Erinnerungen, Diskurse, Kontinuitäten
Wir sind Teil des Dialogforums das von 29. – 30. September 2023 bereits zum 14. Mal an der KZ-Gedenkstätte Mauthausen stattfindet.
Die Verfolgung queerer Personen während des Nationalsozialismus ist ein Forschungsbereich, der erst ab den 1970er-Jahren von der geschichtswissenschaftlichen Forschung aufgegriffen wurde. Bedingt durch die teilweise Entkriminalisierung von Homosexualität in manchen Ländern Europas wie Österreich und Deutschland, widmeten sich Historiker*innen zuerst aus biografie- und später aus strukturgeschichtlicher Perspektive der Verfolgung queerer Personen – vornehmlich queeren Männern. Unter § 129 des Strafgesetzbuchs wurden homosexuelle Handlungen zwischen Männern bzw. Handlungen zwischen Männern, die als Homosexuelle denunziert wurden, unter Strafe gestellt.
Wenngleich der Verfolgung queerer Frauen nicht dieselbe Systematik innewohnte, so wurden gleichgeschlechtliche Handlungen zwischen Frauen in Österreich nach § 129 strafrechtlich verfolgt und verurteilt. Neben der ohnehin schon spärlichen Quellenlage kommt hinzu, dass queeren Frauen in Konzentrationslagern keine spezielle Haftkategorie (wie § 175 für Männer) zugewiesen wurde und sie meist aufgrund anderer Gründe als ihrer sexuellen Orientierung verfolgt wurden.
Der Begriff „Spurensuche“ wird besonders in Hinblick auf die Forschung zu queeren Personen im NS von Wissenschafter*innen immer wieder genannt und spiegelt die marginale Quellenlage und auch die Kontinuität homophober Gesetze und Haltungen innerhalb der Nachkriegsgesellschaft wider. Doch wie kann zu Personen geforscht werden, die ihre Gender-Identität jenseits binärer Normen verorteten? Wie können Wissenschafter*innen Gender-Identitäten im Kontext des NS untersuchen, wenn kaum Selbstzeugnisse vorliegen, ohne Fremdzuschreibungen vorzunehmen?
All diesen Fragen soll beim 14. Dialogforum Raum gegeben werden. Die Konferenz soll eine Austauschplattform für Wissenschafter*innen und Aktivist*innen sein, die zu Themen der „Queer History“ im Kontext des Nationalsozialismus forschen.
4. Dialogforum 2023
Queere Lagergeschichte(n) – Erinnerungen, Diskurse, Kontinuitäten
29. – 30. September 2023
KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Freitag, 29. September 2023
10:00 BegrĂĽĂźung
10:30 – 11:30 Keynote
Anna Hájková, Warwick Centre for Global Jewish Studies
11:30 – 12:30 Panel 1: Verfolgung queerer Frauen im NS | Moderation: Barbara Fröhlich, HOSI Wien
Julia Hörath
Lesbisches Begehren im Nationalsozialismus. Ein Grund fĂĽr polizeiliche Verfolgung und KZ-Einweisung?
Natascha Bobrowsky, Universität Wien, Institut für Zeitgeschichte
Weibliche Homosexualität im Nationalsozialistischen Österreich. Stigmatisierung und Verfolgung homosexueller Frauen
12:30 – 13:30 Mittagspause
13:30 – 15:00 Panel 2: Das KZ Mauthausen als Ort queerer Geschichtsschreibung | Moderation: Wolfgang Schellenbacher, DÖW
Andreas Brunner & Hannes Sulzenbacher, QWIEN
Verurteilt in Wien – deportiert nach Mauthausen
Elisa Frei & Gregor Holzinger, KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Homosexualität im KZ Mauthausen in Oral History und Erinnerungsberichten
Nathalie Soursos, KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Visuelle Kriminalisierung und Sexualisierung von homosexuellen Häftlingen
15:30 – 16:30 Workshops
Sebastian Dallinger, Leo Dressel & Maike Heinrich
Überque(e)rung – Queer History als Grundprinzip der Studienfahrten-Gruppe des Vereins GEDENKDIENST
Victoria Kumar, ERINNERN:AT
Digitale IWitness-Activity – Als homosexuell Verfolgte im nationalsozialistischen Deutschland und Österreich
Stephanie Kaiser, KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Queere Biografien im Virtuellen Raum der Namen der KZ-Gedenkstätte Mauthausen
16:30 – 17:30 Rundgänge
Themenrundgang Queere Menschen im KZ Mauthausen
Allgemeiner Rundgang an der Gedenkstätte
Rundgang durch die Ausstellung
18:00 Abfahrt nach Linz
20:00 FilmvorfĂĽhrung Moviemento Linz
Die groĂźe Freiheit
Samstag, 30. September 2023
9:00 – 10:00 Panel 3: Neuere Forschungen zu Queer History und KZ | Moderation: Stephanie Kaiser, KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Julius Scharnetzky, KZ-Gedenkstätte Flossenbürg
Zur Situation der Haftgruppe der „Homosexuellen“ im Konzentrationslager Flossenbürg: Der Versuch einer Rekonstruktion
Joanna Ostrowska, independent scholar
„Hidden stories“. Biographies of queer survivors from KL Auschwitz
10:30 – 12:30 Panel 4: Kontinuitäten, Nachkriegsgeschichte und queere Erinnerungskultur | Moderation: Christian Dürr, KZ-Gedenkstätte Mauthausen
Albert Knoll, KZ-Gedenkstätte Dachau
Der Rosa-Winkel-Gedenkstein in der KZ-Gedenkstätte Dachau
Elisa Heinrich, Institut für Zeitgeschichte, Universität Wien
„Rosa Wirbel“ – Auseinandersetzungen um homosexuelle NS-Opfer im Nachkriegsösterreich
Sarah Könecke & Maria Pohn-Lauggas, Institut für Methoden und methodologische Grundlagen der Sozialwissenschaften, Georg-August-Universität Göttingen
„Sie haben ihn als alles Mögliche bezeichnet, als Querulant“: Familiengedächtnisse von Familien als homosexuell verfolgter Männer
Kai* Brust, Historiker*in
„Challenging Gender“ im Nationalsozialismus? Trans Erinnerungskultur respektvoll und quellenkritisch gestalten
12:30 – 13:30 Mittagspause
13:30 – 15:00 Abschlussdiskussion „KZ-Gedenkstätten im Umgang mit queerer Lagergeschichte“
Moderation: Patrick Siegele, ERINNERN:AT
Diskutant*innen: Gudrun Blohberger (Pädagogische Leiterin, KZ-Gedenkstätte Mauthausen), Anna Hájková (Warwick Centre for Global Jewish Studies), Daniel Schuch (Universität Jena), Hannes Sulzenbacher (QWIEN)
Anmeldung erforderlich!
—>https://www.mauthausen-memorial.org/de/Teilnehmen/Veranstaltungen/Dialogforum-2023