2023 neigt sich dem Ende zu und wir wollen nochmal zurückblicken auf ein dichtes und ereignisreiches Jahr für QWIEN.
Gestartet hat das Jahr mit einem Vortrag von Hannes Sulzenbacher zur nationalsozialistischen Verfolgung von homosexuellen Männern und Frauen in Wien. Die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit sollte das bestimmende Thema des Jahres bleiben.
Ebenfalls im Jänner wurden die Ahn*innenportraits von Michael Gurschler im Rahmen von „Quertriebe. im Zweifelsfall: rosa“ in der Galerie Roland Puschitz ausgestellt. Der Künstler, der sich mit verschwiegenen Leerstellen in Familienbiografien auseinandersetzt, wurde bei der Recherche von QWIEN unterstützt.
Die Vortragsreihe zur Geschichte der Verfolgung von Homosexuellen in der NS-Zeit gibt es seit Jänner 2023 in zehn Folgen auf der Plattform von Radio Orange zum online Nachhören.
Im Februar gab es eine Führung durch eine Outdoor-Ausstellung in der Seestadt, bei der Andreas Brunner über die Verbindung von LGBTQIA-Rechten mit der Verfassung gesprochen hat. Im Online-Magazin des Wienmuseums erschien eine Geschichte über die mutige Schauspielerin Dorothea Neff, die ihre jüdische Freundin Lilli Wolff mehrere Jahre in ihrer Wohnung vor der Deportation in ein NS-Vernichtungslager versteckte.
Im April hat uns Books in Vienna besucht und einen schönen Bericht über unsere Räume und Arbeit geschrieben.
Seit dem 2. Mai ist Æther #8 – Queer Vienna: Einblicke in ein Bewegungsarchiv online und als Buch (exklusiv bei der Buchhandlung Löwenherz) erhältlich. Am 25. Mai fand der Book Launch im Marea Alta statt. Der Band ist entstanden in Zusammenarbeit mit einem Forschungsseminar am Institut für Geschichte der Universität Wien und QWIEN.
Eine weitere Buchpräsentation hat im Mai stattgefunden: Am 8. Mai ist „Als homosexuell verfolgt. Wiener Biografien aus der NS-Zeit“ von Andreas Brunner im mandelbaum Verlag erschienen und wurde im Schauspielhaus Wien feierlich vorgestellt. Im Buch erzählt werden über 60 Schicksale von Menschen aus ganz Wien. Einen Einblick in das Buchprojekt ermöglicht übrigens dieser Artikel, in dem auch zwei Fallgeschichten vorgestellt werden.
Im Juni wurde das ARCUS – Schatten eines Regenbogens, das Denkmal für Männer und Frauen, die Opfer der Homosexuellen-Verfolgung in der NS-Zeit wurden, im Resselpark eröffnet. Hannes Sulzenbacher saß in der Wettbewerbsjury, Andreas Brunner im Sachbeirat. Aus über 80 eingesandten künstlerischen Konzeptideen für das Denkmal wurde der Entwurf von Sarah Ortmeyer und Karl Kolbitz ausgewählt. Mehr zum Wettbewerb, den Einreichungen und ARCUS gibt es auf der Website von KÖR.
Der wissenschaftliche Sammelband „Homosexualität und Nationalsozialismus in Wien“ wurde am Tag der Denkmalseröffnung im Palais Epstein präsentiert.
Dass wir uns nicht nur mit dem Nationalsozialismus beschäftigen zeigt ein Aufruf, den wir gemeinsam mit dem Österreichischen Filmmuseum starteten. Regenbogenfilme, private Filme, die queeres Leben dokumentieren, sollten nicht verloren gehen. Der Sammelaufruf gilt nach wie vor.
Im Juli haben wir die digitale Erfassung unseres umfangreichen Zeitschriftenarchivs weitgehend abgeschlossen. Über 500 Titel aus aller Welt aus einem Erscheinungszeitraum von den 1950er-Jahren bis heute wurden in unserem Katalog erfasst. Das sind mehr als 20.000 Einzelhefte. Österreichische Zeitschriften wurden vollständig digitalisiert und können bei QWIEN mit ORC durchsucht werden.
Neben den Queer City Walks im Pride Month bietet QWIEN Guide auch queere Spaziergänge durch die Bezirke 4 bis 9 an. So fanden etwa zwei queere Bezirksspaziergänge im Programm der Alsergrunder Kultursommers statt.
Ende September war QWIEN Teil des Dialogforums Mauthausen, das bereits zum 14. Mal in der KZ-Gedenkstätte stattgefunden hat. Wissenschaftler:innen und Aktivist:innen, die zum Thema queere Geschichte im Nationalsozialismus arbeiten, konnten sich hier austauschen. Andreas Brunner und Hannes Sulzenbacher hielten einen Vortrag über die homosexuellen KZ-Häftlinge aus Wien und haben in einer Podiumsdiskussion über das KZ Mauthausen als Ort queerer Geschichtsschreibung teilgenommen.
Der Sammelband „Homosexualität und Nationalsozialismus in Wien“ ist im Oktober als E-Book erschienen und ist seither zum Beispiel bei der Buchhandlung Löwenherz erhältlich.
QWIEN ist seit einigen Jahren Mitglied von Queer Search, dem Dachverband queerer Archive, Bibliotheken und Sammlungen. Neben Vernetzung und Gedankenaustausch, arbeitet Queer Search auch an einem gemeinsamen Katalog der im Dachverband organisierten Archive. Im Oktober fand das Jahrestreffen in Zürich statt, an dem wir auch teilnahmen.
Als Kooperationspartner hat QWIEN im November gemeinsam mit dem OeAD Programm ERINNERN:AT zum Zentralen Seminar für Lehrkräfte 2023 eingeladen. Das Thema des dreitägigen Programms war die NS-Verfolgung queerer Menschen, wozu es Workshops, Podiumsdiskussionen, Stadtführungen und Abendprogramm mit Filmvorführungen und Poetry Slam gab. Livestreams von den zwei Tagen sind noch auf der Facebook-Seite von ERINNERN:AT zu sehen. Über die Webseite von ERINNERN:AT sind ab Anfang nächsten Jahres Unterrichtsmaterialien und Stundenblätter mit queeren Lebensgeschichten aus ganz Österreich abrufbar.
Zum Zentralen Seminar erschien auch das Jahrbuch der Gaismair Gesellschaft mit einem Schwerpunkt zur NS-Homosexuellenverfolgung mit einem Beitrag von Andreas Brunner und Hannes Sulzenbacher.
The Bezirksmuseum Mariahilf hat am 14. November die Sonderausstellung „Als homosexuell verfolgt – Mariahilf in der NS-Zeit“ eröffnet, die von Andreas Brunner kuratiert wurde und weiterhin zu sehen ist.
Anfang Dezember wurde im ORF 2 der historische Film „Verbotenes Begehren – Meilensteine queerer Geschichte“ als Teil der Universum History Reihe ausgestrahlt, für den u.a. Andreas Brunner interviewt wurde. 2024 wird dann der zweite Teil gezeigt, durch den Hannes Sulzenbacher führen wird.
Wir gehen gespannt in das Jahr 2024 und freuen uns schon auf das, was uns erwarten wird!